In den letzten Wochen beschleunigt sich in der EU – allen voran in Deutschland – ein tiefgreifender Steuer- und Zollwandel, der erhebliche Auswirkungen auf chinesische E‑Commerce‑Sendungen hat. Dieser Wandel betrifft die so genannten „Low‑Value“-Pakete (niedrigwertige Kleinsendungen), die bislang von bestimmten Zoll‑ und Steuererleichterungen profitiert hatten.
1. Was steckt hinter der neuen deutschen Regelung?
- 23 % Mehrwertsteuer ab 24. November 2025
Ab dem 24. November 2025 wird in Deutschland eine neue Steuerregelung wirksam: Alle aus China stammenden kleinen E‑Commerce-Pakete unterliegen dann einheitlich einer Mehrwertsteuer (VAT) von 23 %, unabhängig vom Warenwert. - Abschaffung der früheren Steuerfreigrenze
Zugleich wird die bisherige Regelung abgeschafft, nach der Sendungen mit einem Warenwert unter 22 Euro steuerfrei waren. - Motivation der deutschen Regierung
- Die Bundesregierung begründet den Schritt mit dem Ziel, den Zustrom von „niedrigwertigen“ chinesischen Waren zu begrenzen und den heimischen Handel und die heimische Produktion zu schützen.
- Der deutsche Finanzminister betonte, dass die alten -Regelungen zu „unfairer Konkurrenz“ für inländische Händler geführt hätten.
- Daten deuten darauf hin, dass durch die Steuerbefreiung bislang erhebliche Mehrwertsteuerausfälle entstanden sind, die nun reduziert werden sollen.
- Auswirkungen auf chinesische Cross-Border-Verkäufer
- Preissteigerung: China‑Produkte könnten im deutschen Markt im Schnitt um ca. 23 % teurer werden, wenn die Mehrwertsteuer voll auf die Endkunden abgewälzt wird.
- Margendruck: Besonders kleine Händler, die bislang auf das Geschäftsmodell „niedrige Preise + viele Kleinsendungen“ gesetzt haben, könnten massiv unter Gewinn- und Wettbewerbsdruck geraten.
- Höhere Compliance-Kosten: Um die MWSt korrekt zu verwalten, müssen Händler möglicherweise deutsche VAT‑Steuernummern beantragen, lokale Steuerberater engagieren oder Systeme zur elektronischen Rechnungsstellung bzw. Steuerdeklaration etablieren.
- Logistischer Druck: Bei einer starken Zunahme von deklarierten Sendungen könnte der deutsche Zoll mit einem erhöhten Prüfungsaufkommen konfrontiert werden, was zu Verzögerungen führen könnte.
- Wirtschaftliche Begründung & politische Unterstützung
- Der deutsche Einzelhandelsverband unterstützt das Vorhaben: Durch die früheren Steuerbefreiungen sei der heimische Handel stark unter Druck geraten, insbesondere in Bereichen wie Kleidung oder Haushaltswaren.
- Gleichzeitig warnt die Politik davor, dass die Steuerlücke nicht nur ein fiskalisches Problem ist, sondern auch Wettbewerbsverzerrungen zulässt, die langfristig die Industrie gefährden könnten.
2. EU-weite Entwicklungen: Wegfall der „de-minimis“-Regelung
- Die EU-Finanzminister haben sich darauf geeinigt, den aktuell geltenden Schwellenwert von 150 Euro (unterhalb dessen viele Sendungen zollfrei waren) abzuschaffen.
- Ursprünglich war geplant, diesen Schwellenwert bis 2028 aufzuheben, doch angesichts der Dringlichkeit wurde eine schnellere Umsetzung ins Auge gefasst.
- Gleichzeitig wird eine zusätzliche Bearbeitungsgebühr für kleine Pakete eingeführt: 2 Euro pro direkt an Verbraucher verschicktes Paket, oder 0,5 Euro, wenn das Paket zuerst über ein EU‑Lager („Warehouse‑Modell“) läuft.
- Der Hintergrund für diese Reform: Die EU sieht ein steigendes Risiko von Steuerverlusten, Wettbewerbsverzerrungen und sogar Sicherheits‑ bzw. Produktsicherheitsproblemen bei besonders günstigen Direktlieferungen aus Nicht‑EU‑Staaten.
- Diese Maßnahme wird von vielen europäischen Ländern begrüßt, vor allem von denen mit starkem Einzelhandel, der unter dem Preisdruck chinesischer Onlineplattformen leidet.
3. Bedeutung & Risiken: Was heißt das jetzt konkret?
- Für chinesische Händler: Das Geschäftsmodell „versende viele sehr preiswerte Waren direkt nach Deutschland/EU“ verliert zunehmend an Vorteil. Wer weiterhin wettbewerbsfähig bleiben will, muss umdenken: höhere Preise, lokaler Bestand (EU-Lager), bessere Kalkulation der Margen.
- Für deutsche/ EU‑Verbraucher: Kurzfristig könnte der Einkauf über chinesische Online-Shops teurer werden. Langfristig könnten aber auch Produkte weniger vielfältig sein, wenn viele Händler ihre Margen nicht halten können.
- Für die EU: Die Reform verspricht erhebliche Mehreinnahmen bei Steuern und Zöllen. Gleichzeitig wird ein fairerer Wettbewerb zwischen inländischen Händlern und ausländischen E‑Commerce‑Importeuren angestrebt.
- Für die Zoll- und Logistikbehörden: Ein Anstieg von deklarierten Sendungen erfordert mehr Kapazitäten bei der Prüfung. Gleichzeitig müssen neue digitale Systeme etabliert werden, um den steigenden Prüf- und Abwicklungsaufwand effizient zu managen.